30.6. – 8.7.2017          Bolivien 1

                                      Infante Rivarola – Pto. Suárez

 

Die Übernachtung an der Grenze war nicht der Hit, verarbeitete doch die Steinverkleinerungsmaschine die ganze Nacht die grossen Brocken. Dafür standen wir sicher. Wir passierten auf der R11 3 Militär- und 3 Polizeiposten. Das Militär schrieb von Hand die genauen Daten in ein Buch und die Polizei zog ein Seil über die Strasse. Der Fahrzeugschein für Ein- und Ausreise musste gestempelt und je nach dem eine „Gebühr“ bezahlt werden. Am Grenzeingang stand „Herzlich willkommen“ aber anfangs beschlich uns ein beklemmendes Gefühl. Überall lag Abfall herum, nichts wurde weggeräumt und die Häuser waren sehr bescheiden. Zwischen der dichten Strassenböschung sahen wir, dass auch hier Landwirtschaft betrieben wird. Als wir bei einer Garage tankten bezahlten wir das Doppelte. Einmal für die Garage selber, das zweite Mal für den Lieferanten aus Argentinien. Eine eigenartige Abrechnung.

Wie grosse Zuckerstöcke standen die Termitenhügel in den Weiden. Die einten bauen ihre Nester auch an Bäumen, zwischen den Astgabeln, an Zäunen und an Kandelabern. Bei der nächsten Hacienda fragten wir dann zum Übernachten. Am nächsten Tag war es leider nass und bedeckt und wir konnten die Strasse von Ipati nach Sucre nicht fahren. Zu rutschig, sandig und lehmig. Keine gute Mischung für uns. Es soll aber eine ganz tolle und abenteuerliche Strecke sein.

Auf der R9 fuhren wir wieder an verschiedenen Häusern und Hacienden vorbei. Mais und anderes wurde angebaut was wir aber nicht sehen konnten. Es erstaunte uns, dass untertags nicht so viel LKW-Verkehr war, dafür nachts umso mehr. Die Leute meinten, dass ohne Kontrolle die verschiedensten Sachen besser transportiert werden können.

Bei der nächsten Polizeikontrolle gab es ein gröberes Problem. Ich war am Fahren, war aber als Fahrerin nicht auf dem Formular eingetragen... Das wäre ein Vergehen und wir müssten 200 $ bezahlen. Aber sicher nicht! Ich nahm ihm meine Papiere weg und sagte, dass wir das nicht bezahlen. Schlussendlich einigten wir uns auf 50 Bs. Es kommt mir schon langsam komisch vor.

Je näher wir Santa Cruz kamen, gab es wieder vermehrt grosse Rinderherden und Hühnerfarmen. Die Häuser schöner und alles wurde geschäftiger.

Die Regierung liess viele Schulen, Krankenhäuser und Fussballstadien bauen. Das finden wir gut nur bauen sie nicht so stabil wie bei uns und die Einrichtungen fehlen. Wir erfuhren viel über Land, Leute und Politik, aber darüber möchte ich mich nicht äussern. Es gibt in Bolivien viele Bodenschätze aber leider wird nichts selber abgebaut. Alles wird oder wurde verkauft, sogar für das „weisse Gold“ vom Salar de Uyuni haben die Chinesen schon Verträge abgeschlossen....

Vor Santa Cruz fanden wir den sehr schönen Camping „Landhaus La Fuerte“. Eine wunderschöne Oase mit einer tollen Gartenanlage und einer hervorragenden Küche. Dieser Ort ist nur zu empfehlen und wenn man noch eine kleine Führung mit Rudy und Teresa in ihrem selbst angelegten Wald macht ist man sehr erstaunt wie alles im Einklang mit der Natur gedeiht. Seit über 20 Jahren pflanzen sie auf 2 ha Grasland diesen vielseitigen und sehr interessanten Wald. Rudy erklärte uns die Eigenarten dieser Bäume. Die einten haben dicke Rinden wie Krokodilschuppen. Das schützt die Bäume vor Waldbrand. Die verschiedenen Funktionen der Ameisen, wie man sie über ihre 3 „Höcker“ auf ihrem Rücken erkennen kann und dass die gefrässige Blattschneideameise viel Schaden in Feld und Garten anrichtet. Es gibt dichten und lichten Wald, so hat jeder Baum seine ideale Bedingung. Ein wunderschöner Ort und natürlich durften wir von den leckeren Früchten kosten.  

Am nächsten Mittag lernten wir eine Schweizerisch-Bolivianische Familie kennen. Sie betreiben eine Mühle in der vorwiegend Mais gemahlen wird. Gerne würde er exportieren, bekommt aber dafür noch keine Genehmigung. In Bolivien leben etwa 700 Schweizer und am 1. August wird in Santa Cruz zusammen gefeiert.  

Für den Einkauf spazierten wir an gut besuchten kleinen Restaurants vorbei. Der Duft war schon verführerisch aber wir wollten weiterziehen. Die Leute sitzen gerne und lange plaudernd zusammen, geniessen ihren Tag.  Das zweite Mal Diesel tanken wurde noch komplizierter. Bis endlich klar war wie man was an der Zapfsäule eintippen und den Diesel für uns freischalten musste verging eine gute Zeit. Aber es klappte und wir waren wieder gut versorgt. Ausserhalb der Stadt war alles für die Agrarwirtschaft zu bekommen und es gab Reparaturwerkstätten aller Art.

Auf der R4 + R9 ging es nordwärts. In dieser Gegend wird im grossen Stil Mais, Soya und Sonnenblumen angebaut. Die grossen Mühlen stehen Mitten im Land und viele Estancien betreiben für den Eigengebrauch der Rinder-, Schweine- oder Hühnerzucht eigene Mühlen. Dann hielt uns die Polizei wieder auf und wir mussten einen „Routenschein“ lösen. Ein Argentinier half uns, dass alles etwas zügiger ging und das Formular ausgefüllt werden konnte, 30 Bs. Für was der gut sein sollte wissen wir immer noch nicht....

In San Julian war Markt und alles wuselte herum, schöne Bolivianische Frauen mit ihren langen Zöpfen, Hüten und Schürzen, Pferdewagen und Miet-Motorräder. Es war sehr heiss und alles wurde mit Tüchern abgedeckt. Auch an den Haltestellen wollten die Leute Snacks, Getränke, Früchte, Kuchen etc. verkaufen. Alles war in Bewegung.

Nun kamen wir in eine Gegend wo es schöne, mit Palmblätter bedeckte und mit Lehmziegelsteinen gebaute Häuser gab. Wir näherten uns den Jesuiten Missionen und befahren von San Ramón eine neuere super ausgebaute Asphaltstrasse, welche der Präsident in Auftrag gab. Die Häuser an den Strassen sahen alle sauber, einfach und gepflegt aus. Es war eine Freude da durchzufahren. Bei einem kleinen Flughafen verbrachten wir bei späterem lauten Hundegebell die Nacht.

Besuch der unter Weltkulturerbe stehenden Jesuiten-Reduktionen der Chiquitanía. San Francisco Javier, Concepción, San Ignacio de Velasco, San Miguel, San Rafael, Santa Ana und San José de Chiquitos. Die erste Reduktion wurde in Paraguay 1609 gegründet und die Jesuiten kamen später in die Chiquitanía wo sie im 18 Jhd. die meisten Reduktionen erstellten. Alle Orte wurden so konzipiert, dass sie sich selbständig versorgen und auch bestehen konnten. Land- und Viehwirtschaft sowie handwerkliche Berufe und Werkstätten war die Basis. Jede Reduktion bestand aus einem Versammlungsplatz, an drei Seiten lagen die Wohnhäuser der Einheimischen und an einer Seite stand die Kirche. So wurde eine Gemeinschaft gebildet wo die Indigenas ihre traditionelle Lebensweise behalten und von den Jesuiten zum Christentum bekehrt werden konnte. In einer Reduktion lebten zwischen 2000 und 3000 Chiquito. Vieles wurde vom Schweizer Jesuitenpater, Baumeister und Musiker Martin Schmid der hier 1730 eingetroffen war erstellt. Die Restaurierungsarbeit wurden ab 1970 unter der Leitung des Schweizer Architekten Hans Roth durchgeführt. Heute stehen alle Reduktionen unter katholischer Führung und die Indigenas leben weiterhin da.

Es folgte ein ständiges kurvenreiches auf und ab.  Saftige grüne mit runden Steinen gespickte Wiesen auf welchen einerseits Palmen, grosse Rinderherden, Estancien und andererseits auch viel Dschungel stand. Die tolle Asphaltstrasse war gespickt mit unzähligen Tafeln. Eine Tafel machte z.B. auf die sensible Natur aufmerksam und dahinter zündeten sie die Felder an... und ab San Ignacio de Verlasco war der Traum vorbei. Üble Sandstrasse und alles lief wieder etwas ruhiger. In der Kirche von Santa Ana steht die im 1755 erbaute älteste Orgel. Sie wurde im 2000 renoviert und der Mesmer spielte mir noch etwas vor. Wir durften auf der Plaza stehen und ab dem späteren Abend wurde es dann ruhiger. Es gibt einige Autos, aber die meisten Leute fahren Motorrad und bieten auch Taxifahrten an. Besuch auf abenteuerlichem Weg zur längsten und uralten Steinschlange in diesem Ort.

Nun wollten wir die traditionellen Mennoniten suchen. Wir hörten, dass sie in San José auf den Markt fahren und so irgendwo in der Nähe wohnten. Per Zufall sahen wir auf unserem Weg ein Pferdegespann in einen Weg ohne Ortsbezeichnung einbiegen. Ich fragte die Frau, ob wir diesen Ort besuchen dürfen. Ja, wir müssten aber 40 km ins Land hineinfahren. Nach kürzerer Strecke sahen wir einzelne Farmen und Wohnhäuser, Milchkannen an der Strasse, weitere Pferdewagen und Traktoren mit Schaufeln an den Rädern. Ja, da müssen sie wohnen. Wir besuchten eine Familie und waren erstaunt als mehr und mehr Leute aus dem Haus kamen. Die Grossfamilie bestand aus 9 Kindern und 16 Enkelkinder. Alle Männer und Jungen tragen Latzhosen, das gleiche Hemd und einen Hut, die Frauen Häubchen und lange Röcke. Sprechen tun sie vor allem Plattdeutsch, kaum Spanisch oder Englisch. Diese Leute leben schon in einer ganz einfachen anderen Welt. Der Älteste fragte uns, wie wir sie denn gefunden haben, denn ich glaube, dass sie keine Besuche von „Ausländern“ erhalten. Die Frauen pflegen einen wunderschön reichhaltigen Gemüsegarten und die Männer arbeiten in der Landwirtschaft. Einen Arzt gibt es hier nicht und Geld besitzen sie auch keines. Eine Tochter hätte uns gerne zum Kaffee eingeladen aber die Mutter reagierte nicht darauf. Sie wussten gar nicht so recht was sie mit uns machen sollten. Mit vielen offenen Fragen fuhren wir weiter. In dieser Gegend soll es noch einige Mennoniten-Gemeinschaften geben.

In San José standen wir im schönen Garten beim Hotel „La Villa“. Genossen eine kühle Dusche und ein leckeres Essen. Leider gab es auch hier wieder Hundegebell, ab 3.30 Uhr Hühnergeschrei von der nebenan liegenden Hühnerfarm und zuletzt noch einen liebestollen Vogel, der immer wieder in das Seitenfenster und dann den Rückspiegel ansprang und hineinpickte. Ja, das Leben ist hart!

Wir näherten uns dem Gebirge von Santiago de Chiquitos. Nach dem Dorf ging es auf der Naturstrasse durch einen Dschungel bis zur „La Antesala del Cielo“ im Tucabaco. Eine steile Wanderung führte zum Gipfel und den tollen Felsformationen. Das Gebirge beim Abendlicht zu fotografieren war fantastisch und der Blick ins Tal wunderbar. Viele Touristen kamen am nächsten Tag und wir waren froh, von da wegzukommen. Am Grenzübergang standen wir beim Ausstempeln eine Weile an, dafür kamen wir gut bei der Einreise durch.

Was uns freute; neben der schönen Landschaft gibt es auch viele schöne und freundliche Menschen in Bolivien.