5. Juni – 15. Juni  Jekaterinburg – bei Salari

 

Jetzt sind wieder lange abenteuerliche Fahrstrecken angesagt. Fredy und ich wechseln uns alle Tage ab und so hat jeder einmal das „besondere Erlebnis“. Unterwegs nach Tjumen assen wir in einem LKW-Caffee Schaschlik. Diese „Caffee’s sind immer mit grossen Plätzen ausgestattet, so können die Chauffeure Essen, Waschen und Uebernachten.  

Tjumen gilt als die Mutter der sibirischen Städte, denn hier begann die russische Expansion hinter den Ural. Durch die gewonnen Bodenschätze (Oel und Gas) werden in dieser Region ca. 15 Prozent des russischen Bruttosozialproduktes geschaffen.

Mit 723 km hatten wir uns heute ein grosses Ziel vorgenommen. Auf Umwegen fuhren wir über Tobolsk in den Norden. Eine wunderschön einsame Gegend. Wiesen, Felder und Birken wechselten sich ab mit kleinen Seen und moorigen Flächen. An einem Strassenstand tranken wir Tee vom Samowar und selbstgebackene frische Piroggen. Herrlich. Die Verkäuferin hatte sie in ihrem kleinen Häuschen selber gebacken. Sie freute sich sehr über unseren Besuch. Immer wieder erleben wir schöne Momente mit diesen sehr freundlichen und hilfsbereiten Menschen.

Wir genossen die schöne Fahrt nach Omsk. Es war richtig gut zu fahren. Nun stehen wir in Omsk beim Fussballstadion. Vor dem Meeting gingen wir etwas Essen. Es gab wieder eine sehr amüsante Bestellung. Mit Händen und Gestik, denn niemand verstand da etwas. Aber es klappte allemal. Die Stadt selber besuchten wir nicht. Sie ist nicht so interessant und es gibt viele verlotterte Häuser, defekte Strassen und Müll. Dafür war die weitere Gegend wieder abwechslungsreich. Auf den riesigen Feldern werden verschiedene Getreidesorten angesät. Dies wiederum wird für den Eigengebrauch (Brot etc.) oder als Viehfutter genutzt. Ein Teil wird nach China geliefert und den anderen Teil sehen wir als Wodka wachsen.

Am Abend wurden wir zum Essen mit Ueberraschung eingeladen. Dieses Mal kamen junge Sängerinnen und unterhielten uns wunderbar. Das russische Essen schmeckte hervorragend.

Mit Spielen und Trinksprüchen bekamen wir dann die nötige Schwere um ins Bett zu sinken.

Wir standen nämlich auf einem LKW-Stellplatz, wie oben beschrieben. Ein Kühl-LKW ginge ja noch aber später stellte sich noch ein zweiter dazu. Na ja…

Mit einem frischen Zopf von Vreni und Sabine wurde heute Fredy verwöhnt. Was für eine Freude und heimatliche Gefühle kamen hoch. Besuch des Bahnhofs in Kargat und Weiterfahrt nach Novosibirsk. Am Abend feierten wir dann mit der ganzen Gruppe Fredy’s Geburtstag. Das war richtig schön.

Novosibirsk ist mit 1,4 Mio. und einer Ausdehnung von 475 Quadratkilometern das Herz von Sibirien. Sie ist die schnellst wachsende Stadt Russlands. Die Stadt ist durch den Ob geteilt und wird mit mehreren Brücken miteinander verbunden. Die Schweizer investierten in die 4te Brücke.  Es ist eine sehr sozialistisch geprägte Stadt. Alles ist sauber und mit Grünanlagen geschmückt. Im Winter wird auch alles vom Schnee geräumt. Es schneit so etwa 1,5 m. Heute gibt es viele Grossbetriebe in Maschinenbau, Zinngewinnung, Leicht- und Lebens-mittelindustrie.

Besuch des Ballets Aschenputtel von Sergej Prokofjew. Anmutig, spritzig und humorvoll wurde uns die Geschichte gezeigt. Die wunderschönen Kostüme, die Leichtigkeit des Tanzes, Altes und Neues passten hervorragend zusammen. Ein sehr schönes Erlebnis.

Besichtigung des Bahnhofes und der Transsibirischen Eisenbahn. Das Bahnhofgebäude wurde von 1930 – 1941 in einer Lokform gebaut. Die Eisenbahnstrecke bauten sie 1891 – 1904 1-spurig und ab 1911 wurde sie 2-spurig. Der „Zarengold“ fährt alle 14 Tage von Moskau bis Wladiwostock. In 6 Tagen werden diese 9‘288 km befahren.

Eine Stunde brauchten wir um aus der Stadt zu fahren. Nun sind wir schon auf 200 – 300 m.ü.M. Die Sümpfe werden etwas weniger, dafür beginnt jetzt der Mischwald und hinter jedem eigenartigen Haufen sehen wir schon einen „Bären“.

In Mariinsk stehen wir auf dem Dorfplatz. Der Dorfpolizist und Verkehrsverantwortliche kam zu uns auf Besuch und wir wurden alle aufgestauten Fragen los. Die Polizei hat sich neu organisiert. Sie stehen jetzt nicht mehr alle paar 100 Meter und wollen auf die Schnelle etwas dazuverdienen. Das wird nicht mehr geduldet, ansonsten wir die Nummer desjenigen aufschreiben sollten und es dann weiteleiten. Dies hat zur Folge, dass die Polizisten ihren Job verlieren.  Denn sie erhalten jetzt ein ordentliches Gehalt und eine gute Ausbildung. Wir sind schon 6mal angehalten worden.

Bevor wir weiterfahren besuchten wir noch die Wodka-Fabrikation der berühmten Marke „Beluga“. Die Fabrik ist eine AG und alle Aktionäre sind in Moskau…. . Sie selber haben keine Lizenz zum Verkauf des edlen Getränkes…. . Die Weiterfahrt ging über Achinsk. Das Navi spukte etwas und wir suchten unseren eigenen Weg. Beinahe hätten wir eine Unterführung mitgenommen, aber Halt! Unten hätte es gereicht aber oben war es zu schmal. Durch das „Geholper“ fanden auch wir wieder auf den richtigen weg nach Krasnojarsk.

Auch Krasnojarsk war bis vor 20 Jahren eine „geschlossene Stadt“. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde sie eines der wichtigsten Zentren der sowjetischen Militärforschung und –produktion. Auch die Nuklearwirtschaft siedelte sich im „tiefen Russland“ an. Es gibt heute noch zwei Siedlungen, die sich unter besonderer Geheimhaltung befinden.

Die in einem malerischen Flusstal des gewaltigen, hier beinahe zwei Kilometer breiten Stromes Enisej gelegene Millionenstadt ist ohne Zweifel eines der beeindruckendsten Zentren Sibiriens. Der Enisej ist der vierte längste Fluss Russlands. Ueber 4‘000 km lang und fliesst vom Süden in den Norden.

Der Kaufmann Gadolf fand im 17.Jhd. Gold und wurde dadurch ein reicher Mann. Er baute eine schöne Villa im sibirischen Barock, installierte die erste Glühlampe und das erste Telefon. Er baute viele schöne Häuser die auch heute noch erhalten sind. Krasnojarsk ist auch eine reiche Stadt. Alluminium-, Maschinen-, Holz- und Chemiefabrikation siedelte sich an. In der Stadt gibt es auch wieder sehr viele Plattenbauten aus Chruschtschovs Zeiten. In den Backsteinhäusern werden die Wohnungen verkauft. Es sieht etwas duster aus.

Durch die hügelige kurvenreiche schöne Gegend fuhren wir dem Enisej entlang und bestaunten das grosse Wasserkraftwerk in Diwnogorsk. Es wurde im 1967 in Betrieb genommen. Es gibt ein Schiffshebewerk, weil sich die Staumauer zwischen zwei Felsen befindet. Eine 1,5 km lange Zahnradbahn wurde für den Transport der Schiffe gebaut. Die abenteuerliche Reise ging weiter und an unserem neuen Stellplatz konnten wir unsere Autos wie auch die Wäsche waschen lassen. Auf einer Anhöhe stellten wir uns so hin, dass wir die wunderschöne Aussicht auf Kansk geniessen konnten. Lagerfeuer, Servelat am Stecken und Schlangenbrot… Das sind halt die kleinen Freuden.

Die Strecke wurde sehr abenteuerlich und wir gewannen an Höhe, 300 – 500 m hoch. Ein toller Stellplatz mit Blick auf die „Berge“. Immer wieder kommen uns Einheimische besuchen: „Gehen wir mal Womi’s schauen“.

Mit 25 – 50 kmh war es nun ein hartes Stück Arbeit vorwärts zu kommen. Das spektakulärste aber sind immer wieder die Bahnübergänge. Holperdipolper. Wir freuen uns immer wieder die schmucken Dörfer mit ihren Fensterverzierungen und Holzarbeiten zu sehen. Typisches Landleben. Das Frischwasser wird im Dorf aus einem Ziehbrunnen geholt und da es oftmals keine Wärmheizung gibt muss auch ein grosser Vorrat an Holz angeschafft werden.

Das ist wirklich hartes Leben. Aber die Menschen sind glücklich und zufrieden.